Bitcoin als Sicherheit: Wie funktionieren Bitcoin-gesicherte Kredite?

Letzte Aktualisierung 7 Minuten Lesezeit

Unter Besicherung (englisch Collateralization) versteht man die Hinterlegung eines Vermögenswertes als Sicherheit für einen Kredit. Der Kreditnehmer stellt dem Kreditgeber einen Wertgegenstand oder eine Anlage als Pfand, den der Kreditgeber einbehalten kann, falls der Kreditnehmer nicht zurückzahlt. Dadurch sinkt aus Sicht des Kreditgebers das Ausfallrisiko. Besicherte Kredite haben daher meist einen niedrigeren Zinssatz als unbesicherte Kredite. Die maximale Kredithöhe richtet sich nach dem Wert der gestellten Sicherheit – oft werden  70–90 % des Sicherheitenwerts als Darlehen gewährt.

Beispiele für besicherte Kredite

Klassische Beispiele sind Hypothekendarlehen und Autokredite. Hier dienen Haus oder Auto als Sicherheit, die die Bank bei Zahlungsunfähigkeit des Kreditnehmers pfänden kann. Auch Geschäftskredite werden häufig durch Vermögenswerte besichert – etwa Immobilien, Wertpapiere oder Warenlager eines Unternehmens. Falls das Unternehmen zahlungsunfähig wird, können die Kreditgeber diese Sicherheiten verwerten, um Verluste auszugleichen. Durch diese zusätzliche Absicherung verlangen Banken geringere Zinsen, was die Finanzierungskosten für den Kreditnehmer senkt.

Auch im Investmentbereich spielt Besicherung eine Rolle. So erlauben Broker Wertpapierkredite auf Margin: Hat ein Anleger ausreichend Depotwerte, kann er auf Kredit zusätzliche Aktien kaufen. Die vorhandenen Wertpapiere dienen als Pfand. Gewinne aus den Käufen dienen zur Kreditrückzahlung, Verluste werden durch den Verkauf der hinterlegten Assets gedeckt. Broker verlangen meist, dass der Wert der Sicherheiten einen bestimmten Prozentsatz des geliehenen Betrags nicht unterschreitet – kommt es zu starken Verlusten, muss der Anleger nachschießen (Margin Call), oder die Position wird zwangsweise aufgelöst. Auf diese Weise können Anleger sogar auf fallende Kurse setzen (Short Selling), indem sie geliehene Vermögenswerte verkaufen – auch Bitcoin kann auf Margin leerverkauft werden.

Bitcoin als Kreditsicherheit

In den letzten Jahren bieten sowohl traditionelle Finanzinstitute als auch Krypto-Firmen die Möglichkeit, Bitcoin als Sicherheit für Kredite in Fiat-Währung zu verwenden. Das Prinzip: Anstatt Bitcoin zu verkaufen, kann ein Halter seine BTC beim Kreditgeber hinterlegen und erhält dafür z.B. einen Kredit in US-Dollar oder Euro. Während der Kredit läuft, verwahrt der Kreditgeber (oder ein Treuhänder) die Bitcoin. Nach vollständiger Rückzahlung bekommt der Kunde seine Bitcoin zurück – einschließlich etwaiger Wertsteigerungen während der Kreditlaufzeit.

Der große Vorteil dabei: Man erhält Liquidität, ohne seine Bitcoin-Bestände auflösen zu müssen. Damit entgeht man dem Risiko, bei späteren Kursanstiegen nicht mehr investiert zu sein, und Steuern auf Kursgewinne werden vermieden, da kein Verkaufsereignis stattfindet. In einigen Fällen können sogar die Kreditzinsen steuerlich absetzbar sein (etwa wenn der Kredit betrieblich genutzt wird). Wichtig ist jedoch, dass solche Kredite fast immer überbesichert sind: Typischerweise erhält man nur einen Teil des Bitcoin-Wertes als Darlehen, z.B. 50 % des aktuellen BTC-Preises, um Kursschwankungen abzufedern. Bei den meisten Anbietern liegt das Verhältnis von Darlehen zu Collateral (Loan-to-Value, LTV) je nach Risikoprofil zwischen etwa 50 % und 75 %. Fällt der Bitcoin-Kurs stark, kann ein Margin Call erfolgen – der Kreditnehmer muss dann zusätzliche Bitcoin nachlegen, um den Kredit abzusichern. Geschieht dies nicht und die Sicherheit reicht nicht mehr aus, wird die hinterlegte Bitcoin position liquidiert, d.h. die Bitcoins werden ganz oder teilweise vom Kreditgeber einbehalten bzw. verkauft, um den Kredit zu bedienen. Dieser Mechanismus stellt sicher, dass der Kreditgeber sein Geld zurückerhält, birgt aber für den Kreditnehmer das Risiko, seine BTC bei starkem Kursverfall zu verlieren.

Plattformen für Bitcoin-gesicherte Kredite

Neue Dienste ermöglichen heute Bitcoin-gesicherte Kredite außerhalb des klassischen Bankensektors. Beispiele sind Firefish und Lendasat, die beide Peer-to-Peer-Marktplätze für besicherte Bitcoin-Kredite bieten oder Strike.

Firefish

Firefish ist eine Plattform aus Europa für Bitcoin-besicherte Kredite, die als offener Marktplatz zwischen Kreditnehmern und -gebern fungiert. Firefish selbst tritt weder als Kreditgeber noch als -nehmer auf, sondern vermittelt zwischen beiden Seiten. Die Abläufe erinnern an einen klassischen Kredit, abgesichert durch Bitcoin. Kreditnehmer hinterlegen ihre Bitcoin als Sicherheit, während Investoren Fiat-Geld verleihen. Die Sicherheit wird in einer Multisignatur-Wallet verwahrt.

Für Kreditnehmer ist der Prozess vergleichsweise unkompliziert: Nach Registrierung und Verifizierung (ein Konto anlegen und KYC durchführen) kann man ein Kreditgesuch mit gewünschter Summe, Laufzeit und Zins erstellen. Sobald ein passender Kreditgeber das Angebot annimmt, transferiert der Kreditnehmer seine BTC ins Treuhand-Multisig und erhält im Gegenzug die Kreditsumme vom Kreditgeber direkt auf sein Bankkonto überwiesen. Für den Kreditgeber gestaltet sich alles ebenfalls vertraut: Er durchstöbert Kreditgesuche, nimmt eines an und überweist anschließend den Betrag an den Kreditnehmer. Der Kreditgeber muss dabei selbst keine Bitcoin verwalten oder technisch versiert sein – er agiert ausschließlich in Fiat (z.B. Euro) wie bei einem normalen Kreditgeschäft. Die Bitcoin dienen lediglich als hinterlegte Sicherheit im Hintergrund.

Die Plattform erhebt eine Gebühr von rund 1,5 % der Kreditsumme. Der Zinssatz wird frei am Marktplatz zwischen den Parteien vereinbart und hängt von Laufzeit und Angebot/Nachfrage ab – laut Erfahrungsberichten bewegen sich die Zinsen meist im Bereich von 10–12 %. Die Kreditlaufzeit und Rückzahlung sind flexibel gestaltbar. Üblich ist eine endfällige Tilgung: während der Laufzeit werden keine Raten gezahlt, sondern der Kreditnehmer begleicht am Ende den vollen Betrag plus Zinsen in einer Summe. Eine vorzeitige Rückzahlung ist jedoch auch möglich. Kommt es während der Laufzeit zu Kursrückgängen, überwacht Firefish das Verhältnis von Sicherheit zu Kredit. Unterschreitet die Collateralquote definierte Schwellen, wird der Kreditnehmer benachrichtigt und muss nachbesichern. Erfolgt keine Nachschusszahlung, werden die Bitcoins automatisiert ganz oder teilweise liquidiert, sodass der Kreditgeber sein verliehenes Kapital aus dem Sicherheiten-Depot zurückerhält.

Lendasat – Bitcoin-Kredite ohne Drittvertrauen und KYC

Lendasat geht einen noch stärker dezentralisierten Weg. Das junge Unternehmen bietet Bitcoin-gesicherte Kredite nach dem Motto: „Nie wieder Bitcoin verkaufen müssen“. Wie Firefish vermittelt auch Lendasat zwischen privaten Kreditnehmern und -gebern, aber hier steht Selbstverwahrung und Anonymität im Vordergrund. Laut Projektbeschreibung ist Lendasat ein nicht-kustodialer Sofort-Kreditservice, der Bitcoin als Sicherheit nutzt – technisch umgesetzt über Smart Contracts (u.a. Discreet Log Contracts) auf Bitcoin-Seitenketten wie ARK. Praktisch bedeutet das: Die Bitcoin des Kreditnehmers werden in einen 2-von-3-Multisig-Vertrag gesperrt, ähnlich wie bei Firefish. Lendasat bzw. dessen automatisiertes Protokoll hält einen Schlüssel als neutraler Schiedsrichter, der Kreditnehmer und Kreditgeber die anderen beiden. Kein Beteiligter kann die BTC einseitig bewegen, und sobald der Kredit zurückgezahlt ist, werden die Coins automatisch zurück an den Kreditnehmer freigegeben. Lendasat selbst hat keine Möglichkeit, die Bitcoins ohne Zustimmung zu entnehmen, was das Vertrauensrisiko minimiert.

Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal ist, dass Lendasat keine persönlichen Daten oder KYC-Verfahren verlangt – weder Ausweis noch Bonitätsprüfung sind nötig. Die einzige Voraussetzung ist Bitcoin als Sicherheit. Damit richtet sich Lendasat vor allem an Privacy-bewusste Bitcoiners weltweit.

Konditionen: Bei Lendasat werden Kredite üblicherweise überbesichert, um Sicherheit für den Kreditgeber zu gewährleisten. Der Loan-to-Value kann je nach Absprache variieren. Zum Vergleich: Wer 1 BTC im Wert von 100.000 $ hinterlegt, kann etwa bis zu 75.000 $ Kredit erhalten; konservativere Nutzer leihen aber z.B. nur 25.000 $, um auf der sicheren Seite zu sein. Die Zinssätze ergeben sich frei aus Angebot und Nachfrage auf dem Marktplatz. Lendasat nennt typische Spannen von etwa 7–20 % p.a. Zusätzlich fällt eine Plattformgebühr von 1,5 % der Kreditsumme einmalig an. Die Rückzahlung verläuft ähnlich flexibel wie bei Firefish: eine vorzeitige Ablösung ist jederzeit möglich, allerdings wird vertraglich die volle Zinszahlung für die ursprünglich vereinbarte Laufzeit fällig. Monatliche Raten gibt es nicht; stattdessen zahlt der Kreditnehmer spätestens zum Ende der Laufzeit den Betrag plus Zinsen und Gebühren zurück, woraufhin die Bitcoin entsperrt werden. Kommt es während der Laufzeit zu drastischen Bitcoin-Kursschwankungen, greift auch hier ein Liquidationsmechanismus mit Warnstufen: Bei ~80 % und 85 % LTV erhält der Nutzer automatische Alerts, um nachzuschießen. Ab 90 % LTV wird die Position zum Schutz des Kreditgebers aufgelöst (die Bitcoin werden verkauft bzw. an den Kreditgeber übertragen, überschüssiger Wert geht an den Kreditnehmer zurück).

Strike – Bitcoin-Kredite in den USA

Strike ist eine Bitcoin-Zahlungsapp, die 2025 in ausgewählten US-Bundesstaaten BTC-besicherte Privat- und Firmenkredite anbietet. Typisch sind bis zu 50 % LTV, Laufzeit um 12 Monate und wahlweise einmalig am Ende zahlen (keine Monatsraten) oder monatliche Zinszahlungen. Der Jahres Prozentzsatz startet im einstelligen bis niedrigen zweistelligen Bereich (je nach Struktur), bei Unterschreiten der Sicherheiten-Schwellen droht auch hier Liquidation. Die hinterlegten BTC werden kustodial bei Strike bzw. Partnern gehalten, Verfügbarkeit und Konditionen sind jurisdiktionsabhängig.

Risiken: Warum bitcoin-besicherte Kredite heikel sind

Wer einen Kredit mit Bitcoin als Sicherheit aufnimmt, gibt die Selbstverwahrung auf. Die hinterlegten Coins liegen beim Verwahrer oder in einem Escrow. Dadurch kommt es zu einem Gegenparteirisiko (operatives Versagen, Hack, Insolvenz, eingefrorene Konten, Jurisdiktions- und Vertragsrisiken). Auch wenn Anbieter Rehypothecation ausschließen, bleibt Vertrauen in Prozesse, Partner und Rechtsrahmen nötig.

Bitcoin ist extrem volatil. Fällt der Kurs, steigt dein Loan-to-Value schnell. Das kann Margin Calls auslösen, die kurzfristig zusätzliche Sicherheiten verlangen. Kannst du nicht rechtzeitig nachschießen, droht die Zwangsliquidation – oft prozyklisch in Stressphasen. Ergebnis: Du verlierst deine Bitcoin, zahlst trotzdem Zinsen und Gebühren und verpasst die Erholung. Steigt der Kurs, zahlst du weiterhin Zinsen auf ein Darlehen, das vielleicht gar nicht mehr nötig wäre. Die überbesicherte Struktur bindet Kapital und macht dich anfällig für Kursreihenfolgen-Risiko.

Praktische Stolpersteine verschärfen das Risiko: Preis-Orakel und Spreads können Liquidationsschwellen früher reißen als erwartet. Hohe On-Chain-Gebühren oder Netzwerkstau verzögern Nachschüsse; Börsenzeiten von Banken kollidieren mit einem 24/7-Bitcoinmarkt. Wer in Fremdwährung leiht, trägt zusätzlich Wechselkurs- und Stablecoin-Risiken. Je nach Land sind rechtliche und steuerliche Folgen möglich, Verifikations- und Meldepflichten können sich ändern.

Für Einsteiger ist das ungeeignet. Wer ohne Stress am langfristigen Potenzial von Bitcoin teilhaben will, setzt auf regelmäßige Käufe (DCA) und Self-Custody mit sauberem Sicherheitskonzept. Mehr dazu erfährst du hier:

Bitcoin-gedeckte Kredite erfordern Wissen, Vorsicht, laufendes Monitoring, Liquiditätsreserven für Nachschüsse und eine hohe Risikobereitschaft.

Das solltest du mitnehmen

  • Besicherung senkt Ausfallrisiko und Zins; die Kredithöhe richtet sich nach dem Sicherheitenwert. Bei Bitcoin ist es ratsam mit konservativem LTV (ca. 50–75 %) planen.
  • Bitcoin als Collateral gibt Liquidität ohne Verkauf, aber du gibst Self-Custody ab und trägst Gegenparteirisiko. Volatilität kann Margin Calls und Zwangsliquidationen auslösen.
  • Für Einsteiger ungeeignet: Wer stressfrei profitieren will, nutzt DCA und Self-Custody. Falls Kredit, dann nur mit niedrigem LTV, Nachschuss-Reserve und laufendem Monitoring.